
Die Matura in der Tasche, habe ich mich nicht wie fast alle meine Freunde mit Unikram herumgeschlagen, ich habe stattdessen meine Koffer gepackt und mich für 11 Monate nach Estland verabschiedet.
„Estland, welches der drei baltischen Länder war das noch mal?" – Das Oberste der drei.
„Ist Estland nicht eh ein Teil von Russland?" - Nein, nicht mehr.
„Estnisch ist eine eigene Sprache?!" – Ja, mit circa einer Million Sprecher/-innen auf der ganzen Welt.
Solche und ähnliche Fragen haben meine Abschiedszeit in Österreich geprägt.
Die meisten Leute wollten allerdings wissen, was genau ich dort machen werde. Wofür zieht man in den Norden, wo es ein halbes Jahr lang sehr dunkel und unfreundlich sein soll, wo man eine Sprache spricht, die 14 Fälle hat, worüber man eigentlich eh nix genaues weiß?
Ganz einfach: Ich habe nach langer, fast aussichtsloser Suche ein EFD Projekt in Tallinn gefunden, welches mich als Freiwillige haben wollte. Also habe ich nicht lange gezögert und zugesagt.
Wie ich am Flughafen angekommen bin, habe ich kein Wort Estnisch gesprochen. Im Vorfeld habe ich mir irgendwie nie wirklich überlegt, wie ich wohl mit meinen Mitmenschen kommunizieren soll, wenn sie kein Englisch sprechen, aber dann hat es doch gut funktioniert. Mithilfe von Händen und Füßen habe ich mich verständigen können und schlussendlich habe ich sogar die Sprache erlernt, die sehr an eine Kleinkindersprache erinnert.
Ich habe in einem Montessori-Kindergarten versucht, den Kindern Englisch beizubringen. Ich habe also mehr oder weniger konsequent nur Englisch mit ihnen geredet. Anfangs haben sie nicht so recht gewusst, was sie mit mir anfangen sollen, aber am Ende wollten sie mich fast nicht gehen lassen. Stolz haben mir die älteren gezeigt, welche Wörter sie schon gelernt haben und welche Sätze sie schon können. Für mich war es wirklich sehr interessant, wie schnell sich „meine" Kinder entwickelt haben und wie sie die Welt sehen.
Meine Freizeit habe ich immer unterschiedlich gestaltet. Ich habe für sechs Monate Deutsch an einem Jugendzentrum unterrichtet, habe eine estnische Pfadfindergruppe gefunden, habe mich bei einem Projekt mit zweisprachigen Kindern (estnisch/deutsch) beteiligt und habe außerdem noch Österreich bei einem internationalen Filmevent vertreten. Dann habe ich natürlich auch viele Ausflüge unternommen, sowohl in Estland als auch im Ausland. Mein persönliches Highlight war meine Reise nach St. Petersburg und Polen.
Ich habe in diesem Jahr viele nette Leute kennengelernt und auch viel über mich selbst gelernt. Es war wirklich eine super Erfahrung und ich kann nur jedem empfehlen, auch einmal ins kalte Wasser zu springen!
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